aus DIE AKTE von ANDREAS REHMANN
The Hidden Tracks
Exhibition // October 26th - 31st, 2012
Fotografien von Alisa Kossak, Fay Nolan, Leifur Orrason, Andreas Rehmann, Sven Serkis, Sarah Veith, Florian Weber, Hannah Zelter
„Die allgegenwärtigen technischen Bilder um uns herum sind daran, unsere «Wirklichkeit» magisch umzustrukturieren und in ein globales Bildszenarium umzukehren. Es geht hier im wesentlichen um ein «Vergessen». Der Mensch vergisst, dass er es war, der die Bilder erzeugte, um sich an ihnen in der Welt zu orientieren. Er kann sie nicht mehr entziffern und lebt von nun ab in Funktion seiner eigenen Bilder: Imagination ist in Halluzination umgeschlagen.”
Dieser Textauszug aus „Für eine Philosophie der Photographie” von Vilém Flusser kann als Ausgangspunkt für die in der Projektentwicklung unter dem Arbeitstitel THE HIDDEN TRACKS entstandenen Abschluss- und Semesterarbeiten gesehen werden, die das NICHT DARSTELLBARE, das UNSICHTBARE, das VERGANGENE und das vermeintlich OFFENSICHTLICHE thematisieren. ALISA KOSSAK untersucht in REDEN IST SILBER die Auswirkungen des Doppellebens ihres früh verstorbenen Großvaters, die daraus resultierenden Probleme und den Schmerz von Familienmitgliedern, welcher sich durch bestimmte Verhaltensmuster auf die nächste Generation überträgt und wiederum neue Probleme hervorruft. In DER LETZTE BLICK hat FAY NOLAN sechs Plätze an der ehemaligen Berliner Mauer aufgesucht, bei denen von 1980 bis 1989 junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren durch den Schießbefehl der DDR während ihres Fluchtversuches nach West-Berlin erschossen wurden. Die Kamera der Fotografin folgt in ihrem Aufnahmestandpunkt dem vermeintlich letzten Blick der Menschen vom Osten auf den Westen hin.
LEIFUR ORRASON ist von folgendem Textauszug einer Kurzgeschichte von Michele Stepto zu seiner fotografischen Arbeit SUBTERRANEA inspiriert worden: „In the Phlegrean Fields near Naples there is a cave in which carbonic acid gas collects along the floor from time to time. Guides to the area used to bring with them a dog that they would hold upside down by the legs, dangling it over the cave floor in order to test the air. If the dog lost consciousness, it meant the cave was full of gas.” Der Text ist reine Fiktion, nur die Höhle existiert wirklich und das was über sie gesagt wird ist wahr. ANDREAS REHMANN findet in DIE AKTE eine neue Form der Visualisierung der Unterlagen der Stasibehörde. Die unvorstellbare Menge gesammelter Dokumente wird in unterschiedlichsten Systemen wie Karteikästen, Aktenmappen, -taschen, -ordnern und Säcken aufbewahrt. Ein Archiv deutscher Geschichte und unzähliger Biografien und Schicksale, im Bild zusammengesetzt aus hunderten von einzelnen Aufnahmen. VISUALIZATION//BEING SOCIALIZED von SVEN SERKIS untersucht soziale Netzwerke als Massenansammlung von Menschen in Zusammenhang mit der eigenen Privatsphäre. Mit der Serie von (selbst-)inszenierten Portraits bezieht er einen neuen Standpunkt zur immer wieder aufkeimenden Thematik des Privaten im Öffentlichen in solchen Netzwerken. In SARAH VEITHS Serie ORTE blicken wir auf diese und erfahren hinter ihrer matten Oberfläche etwas über die traurigen Schicksale einzelner Menschen, die sich diesen öffentlichen Ort zum Sterben ausgewählt haben. „Was erzählt der Ort über die Person und gibt es überhaupt eine Beziehung zwischen dem Ort und ihr?” FLORIAN WEBER untersucht in RAUSCHEN Phänomene der Wahrnehmung, denn „gerade die Dämmerung, ein Zustand zwischen Tag und Nacht, Klarheit und Unbewusstem stellt die eigene Ambivalenz unserer Wahrnehmung dar. Es ist ein Zeitraum, in der sich das Wahrnehmen ändert, nicht nur visuell sondern auch psychologisch.” HANNAH ZELTER analysiert in ZWISCHENRÄUME Räume der Therapie, die für unterschiedliche Formen wie Gesprächs-, Gestalt- oder Psychotherapie genutzt werden. Ein Spot erhält das oberflächlich Sichtbare in Räumen in denen das Unsichtbare, das Verborgene, das Unbewusste hervorgebracht werden soll.
aus SUBTERRANEA von LEIFUR ORRASON